In der Weidesaison sind wir auf diversen Flächen unterwegs. Die Wallisergruppe kümmert sich um die kleineren Stücke wie Streuobstwiesen, einen alten Bahndamm und ehemalige Kuhweiden. Die Pfauen als schlagstarke Truppe, bearbeiten die großen Renaturierungsflächen eines Steinbruchs mit angeschlossenem Basaltwerk.
Einst ein Baumaterial-Zubringer für das Wasserwerk. Nach Fertigstellung des Baus, Demontage der Gleise und Bahnschwellen. Mit seiner Stilllegung wurde er zum artenreichen Biotop, jedoch nahm der Bewuchs durch Brennnesseln und Schwarzdorn mehr und mehr zu, so dass der Damm im Laufe der Zeit nicht mehr als solches zu erkennen war. Blindschleiche, Ringelnatter und Co. waren ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzutreffen. Falter, nur noch jene, welche von den Brennnesseln profitieren konnten. Man möchte glauben, dass es nur so vor Admiralen wimmelte, doch falsch gedacht.
1997 stand ich zum ersten Mal vor der ca. 1km langen Wand aus Nesseln und Disteln, höher als ich selbst und es galt eine Schneise für den zu errichtenden Zaun zu mähen… Dass dies ein schweißtreibendes Unterfangen war, kann sich sicherlich jeder vorstellen, zumal der Damm selbst recht steil ansteigt und versteckte größere Steine das Freischneiden zudem zu einem Erlebnis machten. Der Zaunbau war auf der Steinaufschüttung nicht einfacher. Spieße und Eckpfosten mussten irgendwie in den Boden. Hinein ging irgendwie, wieder raus operieren beim Umzug, war dagegen oft mit Materialverlust verbunden.
Die Ziegen genossen den Aufenthalt. Die erhöhte Position mit Weitblick hat es ihnen angetan. Ebenso der Schwarzdorn, welcher zur Delikatesse wurde. Im Dritten Beweidungsjahr wurde mir erst die Veränderung der Fläche bewusst. Der Freischneider kam nicht mehr zum Einsatz. Die Brennnesseln hatten sich zu kleineren Inseln zurück gezogen. Die Disteln waren teilweise zwar noch vorhanden, wurden von den Gehörnten jedoch bei Auftrieb als erstes gepflückt. Vom Schwarzdorn war nur noch die Hälfte vorhanden. In erster Linie die bei Beiweidungsbeginn schon älteren Sträucher.
Im Laufe der Jahre machten sich andere Pflanzen auf den Freiflächen breit. Ganz vorn mit dabei der Natternkopf. Salbei, Labkraut, Schafgarbe, Flockenblume, Ginster, Mauerpfeffer, Johanniskraut und sogar die Sandnelke kamen neben diversen Gräsern hinzu. Seit 2017 leider auch das Jakobskreuzkraut. Inzwischen existieren noch immer vereinzelte Horste mit Disteln und Brennesseln. Auch der Schwarzdorn ist nicht ganz verschwunden. Dafür wimmelt der Damm von Tieren. Das hohe Blindschleichen; -und Zauneidechsenvorkommen ist den Störchen nicht entgangen. Ein Entenbrutpaar baut seit Jahren ihr Nest in der Herde und fährt gut damit. Sogar Kreuzottern kann man sehen. Leider werde ich von der Beweidung weiter Abstand nehmen müssen, da sich die Rahmenbedingungen durch falsch verstandenen Naturschutz sehr zum Negativen verändert haben.
Teilweise handelt es sich hierbei um verbuschte Randgebiete zum Abbaugebiet, im Gros jedoch sind es Renaturierungsflächen bestehend aus umgelagertem Abtrag und daraus errichteten Staubschutzwällen. Die Bodenqualität ist darum von Meter zu Meter unterschiedlich, zumeist jedoch mager und steinreich. Der Magerrasen war zu Beiweidungsbeginn nur noch ansatzweise zu erkennen. Auch hier hatte sich Schwarzdorn, aber auch Schlehe, sowie wilde Mirabelle ausgebreitet. An den unbepflanzten Hangseiten übernahm der japanischer Staudenknöterich und Springkraut die Herrschaft. An der Kopfseite des Walls erstickte ein riesiges Brombeergeflecht alle anderen Pflanzen. Und zu allem Überfluss, wollte Robinie auch noch mitmischen.
Angemerkt sei, dass bis auf die Neozoen wie Springkraut und Knöterich, alle anderen Pflanzen auf der Hangrückseite gewollt sind, nur der Magerrasen solle doch bitte auch solcher bleiben. Unser Auftrag also. Bei diesen Flächen befinden wir uns aktuell im 8ten Beweidungsjahr. Mein Sprachschatz was Flüche und Beschimpfungen angeht, hat sich beim Zaunbau seitdem immens erweitert. Sogar Eigenkreationen kamen hinzu. Vor allem am großen Wall mit seiner fast 90 Grad Steilseite komme ich beinahe an meine Grenzen. Ausgerechnet dort befindet sich nämlich zudem das Brombeergeflecht. Großer Spaß in Dosen also!
Trotz der Strapazen bin ich mit meiner Herde sehr gerne dort. Ebenso wie beim Bahndamm hat sich in den Jahren der Beweidung vieles verändert. Die Hecken werden zurück gedrängt, bzw. gelichtet. Die Neozoen backen ganz kleine Brötchen, da sie scheinbar unter Delikatesse bei den Gehörnten fallen. Viele Pflanzen sind zurück gekehrt, auch jene mit welchen ich an diesem Ort nicht gerechnet hätte. Büschel-Nelke, schwarze Königskerze, Hornklee, Steinklee, Küchenschelle, Rapunzel-Glockenblume, Flockenblume Breitblättrige-Lichtnelke und Breitblatt-Platterbse locken Bienen und Falter mit ihrer Blütenpracht. Somit sind Sechsfleckwidderchen, Aurorafalter, kleiner Fuchs, Schachbrettfalter, Pfauenauge und Feuerfalter Dauergäste bei den Ziegen. Ich bin gespannt, inwieweit die Veränderung weiter geht. Wir freuen uns darauf.